Medizinische Themen  Kinderwunsch & künstliche Befruchtung

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Ein Kind zu haben, gehört für viele Paare zu den unverzichtbaren Aspekten ihrer Lebensgemeinschaft.

Dabei ist es heutzutage für uns selbstverständlich, den richtigen Zeitpunkt bewußt zu wählen, also Kinder "zu planen".

Ist es bei ernsthaftem Bemühen kaum ein Problem, ungeplanten Nachwuchs zu verhüten, so kann der Wunsch nach einem Kind dagegen nicht selten unerwartet schwer zu verwirklichen sein.

Jede 7. Ehe ist heute ungewollt kinderlos – zumindest zunächst!

In den letzten Jahrzehnten ist nicht nur das Verständnis der menschlichen Fortpflanzung und der zugrundeliegenden biologischen Vorgänge dramatisch gewachsen – auch die Möglichkeiten, ungewollt kinderlosen Paaren trotz erheblicher Störungen der Fruchtbarkeit (eines oder beider Partner) doch noch zu Kindern zu verhelfen, haben sich in atemberaubender Weise entwickelt!

Doch bevor wir mit Ihnen über geeignete Behandlungsmethoden nachdenken können, gilt es einige Fragen zu klären:

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Wann spricht man von Sterilität (ungewollter Kinderlosigkeit)?

Wenn nach 2 Jahren ohne jegliche Verhütung noch keine Schwangerschaft eingetreten ist, sprechen die Ärzte von "Sterilität".

Mit zunehmend höherer beruflicher Qualifikation der Frau in der modernen Gesellschaft ist zugleich der Zeitpunkt des Kinderwunsches in ihrem Leben "nach hinten" gerückt worden, d.h. oft werden erstmals "um die 30" oder später Kinder gewünscht.

Da die natürliche Fruchtbarkeit einer Frau aber ungeachtet dieser sozialen Veränderungen unverändert spätestens Mitte der "Dreissiger Jahre" nachzulassen beginnt, entsteht für viele Frauen ein immenser Zeitdruck, der dem Vertrauen auf die Natur und dem geduldigen Warten auf das Wunschkind entgegensteht.

Dadurch erscheinen den Betroffenen diese 2 Jahre oft zu lang - und tatsächlich kann es sinnvoll sein, in einer solchen Situation früher nach möglichen Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten zu suchen.

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Was sollte untersucht werden?

Beim Mann ist die Frage schneller beantwortet:

Im Samenerguss können Anzahl, Beweglichkeit und "normales Aussehen" seiner Samenfäden in einem "Spermiogramm" beurteilt werden. Zusätzlich werden Form und Größe der Hoden durch den Facharzt (Urologen) untersucht und den Hoden überwärmende Krampfadern (Varicozelen) ggf. festgestellt.

Auch Infektionen der Hoden/Nebenhoden, der Vorsteherdrüse (Prostata) und der Samenleiter können so leicht festgestellt und ggf. behandelt werden.

Bei auffälligen Befunden können Hormonanalysen, biochemische Untersuchungen im Samenerguss oder gar kleinste Gewebsproben aus dem Hoden die Ursache aufdecken.

Auch eine Untersuchung des Chromosomensatzes des Mannes kann in bestimmten Fällen ergänzend angeraten sein.

Durch mindestens 2, bei Aufälligkeiten evtl. mehr Spermiogramme ist eine klare Aussage zur Fruchtbarkeit des Mannes möglich.

Bei der Frau ist die Sache etwas komplizierter:

Ihre Keimzelle – die Eizelle – ist der direkten Betrachtung nicht zugänglich, die Dinge spielen sich "in ihrem Inneren" ab.

Ihr Cyclus ist ein komplexes störungsanfälliges Geschehen, das nur indirekt zu verfolgen ist.

Blutungsrhythmus, Basaltemperatur und die Schleimbildung am Muttermund sind für die Frau selbst erfahrbar, nicht jede spürt ihren Eisprung (sog. Mittelschmerz).

Ultraschall kann die Reifung der Eibläschen in den Eierstöcken sichtbar machen, ebenso den Aufbau der für die Aufnahme des befruchteten Eis notwendigen dicken Gebärmutterschleimhaut zum Zeitpunkt der Ovulation (Eisprung).

Hormonanalysen ergänzen die Erkenntnisse aus den o.g. Methoden der Cyclusbeobachtung - bei Störungen des hormonellen Cyclus ist in den meisten Fällen eine medikamentöse Korrektur möglich.

Auch hier kann im Einzelfall gar eine Chromomenanalyse der Frau geboten sein.

Ein Verschluss der Eileiter ist bei früheren schweren Entzündungen oder Verdacht auf Endometriose im Unterleib zu vermuten, Missbildungen der inneren Geschlechtsorgane können im Ultraschall entdeckt werden.

Beweisen bzw. ausschließen lassen sich diese Faktoren durch Bauchspiegelung (Laparoskopie) und Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie), d.h. durch operative Verfahren, die mit geringem Risiko (aber in Vollnarkose) größtenteils ambulant in Praxis oder Klinik vorgenommen werden können.

Letztlich kann gar das Zusammenspiel von Spermien und Muttermundschleim gestört sein, "sie" auf "ihn" "allergisch" reagieren, wodurch die Vereinigung der Keimzellen (die Befruchtung) unmöglich wird.

Diese – sehr seltene – Problematik kann bei entsprechendem Verdacht durch einen gekreuzten Test im Labor ("seine" Spermien im Muttermundschleim einer anderen fruchtbaren Frau; fruchtbare Spermien eines anderen fruchtbaren Mannes in "ihrem" Muttermundschleim) unter dem Mikroskop untersucht werden.

Welche Untersuchungen zu welchem Zeitpunkt ratsam bzw. notwendig werden, wird Ihnen Ihr Frauenarzt nach eingehender Befragung und Untersuchung sagen können.

Auch wird er die seelische Belastung, die aus immer tieferem Eindringen in Ihre Intimsphäre sowie die körperlichen Gefahren operativer Massnahmen gegen den erreichbaren Gewinn an Erkenntnissen mit Ihnen abwägen.

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Was tun bei gestörter Fruchtbarkeit?

Ist das Problem erst einmal bekannt, die Ursache(n) geklärt, wird sich festlegen lassen, mit welchen Behandlungsmethoden wieviel Erfolg in Aussicht gestellt werden kann.

Evtl. Möglichkeiten einer Verbesserung der männlichen Fruchtbarkeit wird der Urologe erläutern. Oft genügen Verzicht auf Alkohol, Stress und Nikotin dazu!

Auf Seiten der Frau können hormonelle Störungen zumeist medikamentös behandelt werden.

Bei nicht anders zu korrigierenden Defiziten der Spermien des Partners kann die Einbringung der Samen in die Gebärmutterhöhle zur Zeit des Eisprunges (schmerzlos mit einem kleinen Silikon-Schlauch durch den Muttermund) deren beschwerlichen Weg zur Eizelle verkürzen und zum Erfolg führen (Insemination).

Nur in den Fällen, wo das Spermiogramm sehr schlecht ist, die Eileiter der Frau verschlossen sind oder andere – weniger eingreifende und aufwendige – Methoden erfolglos geblieben sind, wird der Arzt Ihnen zu einem IVF (InVitroFertilisation) – Verfahren raten, im Volksmund auch "Zeugung im Reagenzglas" genannt.

Dabei wird die gleichzeitige Reifung von mehreren Eizellen in den Eierstöcken (im Gegensatz zum natürlichen Cyclus, in dem in der Regel nur 1 Ei pro Monat zum Eisprung gelangt) bewirkt. Das Vorhandensein mehrerer Eizellen erlaubt die Auswahl der geeigneten "Kandidaten" und ist entscheidend für den Erfolg.

Um den Körper der Frau zu veranlassen, unnatürlich viele Eizellen heranreifen zu lassen, müssen Hormone in hohen Dosen zugeführt werden, wodurch die Eierstöcke ungewöhnlich anschwellen können oder sich gar Wasser in der Bauchhöhle ansammeln kann.

Dieser Prozess muß durch Ultraschall und Hormonmessungen im Blut der Frau genau überwacht werden, um eine übertriebene Reaktion (Überstimulation) rechtzeitig zu erkennen und daraus entstehenden Gesundheitsgefahren entgegenwirken zu können.

Die reifen Eizellen werden kurz vor dem Eisprung aus den Eibläschen (Follikeln) unter Ultraschallsicht abpunktiert und dann ausserhalb des weiblichen Körpers mit den Spermien zusammengebracht.

Sollten die Spermien selbst unter diesen Bedingungen unfähig sein, in die Eizelle einzudringen, kann durch ICSI (intrazytoplasmatische Spermien-Injektion) mit feinsten Glas-Nadeln ein Spermium in die Eizelle hineingebracht werden, wodurch sich die Erfolgsquote bei männlicher Unfruchtbarkeit erheblich steigern läßt.

Nach einer Befruchtung wird sich die Eizelle zu teilen beginnen und nach wenigen Tagen in die Gebärmutterhöhle zurückgegeben (Embryo-Transfer). In Deutschland dürfen bis zu drei solcher Embryonen in einem Versuch übertragen werden.

Da lange nicht jeder Embryo "anwächst" erhöht das die Wahrscheinlichkeit einer resultierenden Schwangerschaft beträchtlich, allerdings auch das Risiko Zwillinge oder gar Drillinge zu bekommen.

Wächst ein Embryo in der Gebärmutter an, verläuft die weitere Schwangerschaft so natürlich wie jede andere auch, die Kinder sind genauso gesund wie die "normal" entstandenen.

Überzählige befruchtete Eizellen können tiefgefroren konserviert werden (Cryo-Konservierung), um in späteren Cyclen ohne die belastende und gefährliche Stimulation der Eierstöcke zur rechten Zeit in die Gebärmutter der Frau übertragen zu werden

Durch Gesetze ist in Deutschland das IVF-Verfahren nur bei Eheleuten erlaubt.

In der Regel ist ein Alter von 40 Jahren bei der Frau als Obergrenze anzusetzen.

Leihmutterschaft, Ei- oder Samenspende beim IVF sind hierzulande gesetzlich verboten, ebenso die Übertragung von mehr als 3 Embryonen pro Cyclus sowie die Forschung an Embryonen.

Die Gewinnung (Punktion) der Eizellen, die Zeugung im Reagenzglas und der Embryo-Transfer ist nur in spezialisierten Zentren möglich, welche hinsichtlich ihrer Qualität und der Einhaltung der medizinischen und gesetzlichen Standards streng überwacht werden.

Das technisch extrem aufwendige und teure Verfahren führt dabei zwangsläufig zu einer als unpersönlich erlebten, von Technik und Apparaten dominierten Atmosphäre.

Im Einzelfall wird es daher ratsam und möglich sein, die Überwachung der reifenden Follikel und die Stimulation der Eireifung (durch injizierte Hormone) bei Ihrem vertrauten Frauenarzt vornehmen zu lassen, der in enger Kooperation mit dem Zentrum steht und sie zur Punktion dann dorthin überweist.

Dadurch kann zumindest ein Teil der großen seelischen Belastung gemindert werden, mehr Zeit für Erklärungen und Rückfragen bleiben.

Die Chancen, schwanger zu werden, betragen aber selbst mit diesen Verfahren nicht 100%!

Pro Cyclus mit Embryotransfer (von 3 Embryonen) betragen sie durchschnittlich 20-30%, bei Ausschöpfung der in der Regel maximal gewährten Zahl von 4 Cyclen mit je 3 transferierten Embryonen werden ca. 50-60% der behandelten Frauen eine Schwangerschaft erreichen.

Zusammengefasst kann gesagt werden, daß der Mehrheit der Betroffenen zu einem Kind verholfen werden kann – mit der jeweils angezeigten und zumutbaren Methode – jedoch auch heute ein Kind ein Geschenk bleibt, daß nicht garantiert werden kann.

Wenn es entsteht, nehmen Sie es an - wenn es nicht entsteht, nehmen sie auch diesen Umstand an!

Sprechen Sie mit uns darüber, um zu erfahren, was in Ihrem Falle getan werden kann oder müsste. Wie weit Sie mit uns gehen möchten, entscheiden Sie schließlich selbst!

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Stand: 02/2011 diese Seite ausdrucken